Hasso-Plattner-Institut
 

Interview mit Thomas Benke von SmartKomm

Was ist das Geschäftskonzept von SmartKomm?

Wir machen Anwendungssoftware für den Bildungsbereich und im weitesten Sinne auch Beratungsdienstleistungen. Es geht im Kern um 1 Produkt – wir nennen es Schul-Webportal (www.schul-webportal.de). Es ist kurz gesagt eine Kommunikationsplattform für Lehrer, Eltern, Schüler, das Sekretariat bis hin zum Busfahrer und die Alumni. Und das in verschiedenen Ausrichtungen von der Kita bis hoch zur Universität und allem, was an Allgemeinbildung dazwischen ist. Es geht hauptsächlich darum, den Bildungseinrichtungen eine Plattform zu bieten, auf der jeder, der damit zu tun hat, jederzeit und von jedem Ort die Information bekommen kann, die er benötigt.

 

Wie kam es zu der Idee?

Wie so oft durch Zufall. Ich war Student und knapp bei Kasse. Dann habe ich in Potsdam ein Gymnasium gefunden, wo ich gejobbt habe. Dort kam der Direktor auf mich zu und sagte, er wüsste nicht, wie er am besten seine Schüler und Lehrer erreicht. Er hatte keine Lust, ständig verschiedene E-Mail-Verteiler zu pflegen, Aushänge zu machen und Elternabende zu veranstalten und fragte ob ich da nicht eine Lösung wüsste. Ich dachte: So schwer kann das ja nicht sein. So bin ich also ganz blauäugig da hineingerutscht.

 

Wie hat sich die Idee weiterentwickelt? Gab es Rückschläge?

Ja klar, jede Menge. Ich habe das erst auf Basis einer Fremdsoftware gemacht und dachte, man kann das anpassen. Das ging auch eine Weile. Aber dann kamen immer mehr Ideen dazu und irgendwann war klar, dass man das mit einem Fremdprodukt nicht machen kann. Wenn man es richtig machen will, dann muss man es selber bauen.

Inzwischen hatten andere Schulen davon gehört und wollten das auch gern haben. Dann habe ich erst versucht, das zusammen mit Microsoft umzusetzen, auf einem Sharepoint Server. Aber die waren nicht so flexibel und gesprächsbereit mit so einem kleinen Licht. Daraufhin habe ich mich entschieden, es selbst zu machen. Ich habe mir zuerst einen Betriebswirt ins Boot geholt, was damals ganz wichtig war, denn davon hatte ich schlichtweg keine Ahnung – das ist aber ein ganz wichtiger Teil. Zum zweiten dann einen Studienkollegen – auch ehemaliger HPIler. Der hatte sich inzwischen mit einem Projekt selbstständig gemacht, es abgeschlossen und verkauft. Wir trafen uns zufällig. Er hatte gerade Zeit – und ich hatte Arbeit für ihn. Wir haben dann zu dritt eine GmbH gegründet und angefangen, das komplett selber zu machen. Zwei Jahre haben wir investiert und entwickelt. Das ist ja immer so bei Software: Erst hat man nichts zu verkaufen und steckt nur rein. Vor vier Jahren haben wir angefangen mit Testschulen, die es kostenlos bekommen haben und von deren Feedback wir lebten. Mittlerweile vermarkten wir es seit etwa drei Jahren.

 

Wie sieht deine Arbeit aus? Wie verteilt ihr die Aufgaben?

Ich habe angefangen als „Mädchen für alles“ – auch in der Programmierung, im Anwendungsdesign, an den Schnittstellen. Aber inzwischen bin ich da komplett raus. Das war schon damals im Studium nie mein Traum, am Rechner allein mit mir zu arbeiten. Das habe ich schon damals gesehen, dass das nicht meins ist und andere das viel besser können. Zum Glück ist mein Partner der Programmier-Verantwortliche. Er arbeitet von Fuerte Ventura aus – was tatsächlich auch ganz einfach ist, so zu arbeiten, denn wir sprechen uns jeden Tag, besprechen uns 2x die Woche, und er liefert seine Arbeit – mir ist da völlig egal, ob er das vom Strand aus tut oder vom Wakeboard. Und ich mache mehr so das ganze Administrative. Als Geschäftsführer mache ich das ganz Typische: mich mit Menschen herumschlagen und auf Messen gehen, Termine wahrnehmen, Kunden betreuen und finden. Eben die ganzen soften Sachen.

 

Inwiefern half und hilft dir das Studium am HPI?

Nach dem Studium habe ich klassisch als Berater für eine große Firma gearbeitet. Ich habe also einen geradlinigen Karriereweg eingeschlagen. Und da hat mir der Name HPI schon 1000 Türen geöffnet. Auch was strukturiertes Angehen von Problemen der Softwareentwicklung angeht, das Management von Aufgaben, das Zusammenspiel verschiedener Gewerke der Programmierung, die Terminierung und Prioritätensetzung. Auch wenn ich heute kein Programmierer bin.

Ich gehöre ja zum ersten Jahrgang des HPI und schon der damalige Direktor – Prof. Wendt – hat immer gesagt, er hat eine Ingenieursdisziplin der Informatik vor Augen, was mir sehr gut gefallen hat. Insofern fühle ich mich sehr gut vorbereitet.

 

Nun bist du heute in einer klassisch betriebswirtschaftlichen Rolle. Woher hast du deine BWL-Kenntnisse?

Ich habe viel mitgenommen aus den 2 Jahren Beraterbusiness. Da gab es sehr gemischte Teams aus sehr unterschiedlichen Richtungen, z.B. hatten wir einen Forstwirt, der einen sehr freien Blick auf alles hatte. Da habe ich viel mitgenommen. Auf der anderen Seite ist es so, wenn man selber was von unten aufbaut, muss man sowieso alles allein machen. Gerade am Anfang. Ich habe mir Marketing angeeignet, und mithilfe meines Partners auch ein bisschen BWL-Kenntnisse, die ganze Akquise und alle schweren Themen, wo man gerne jemanden hätte, sich aber natürlich niemanden leisten kann, und es also selber tun muss. Und da ist viel learning by doing, vielleicht mal ein Buch wälzen und viel ausprobieren. Und klar: Im Zweifelsfall fällt man da auch mal auf die Schnauze.

 

Was würdest du vielleicht anders machen rückblickend? Oder hatte alles seinen Sinn?

Das ist eine sehr philosophische Frage. Es gibt sicher Punkte in der Entwicklung dieses Unternehmens, wo ich sage, das hätte es nicht gebraucht, aber auf der anderen Seite ist es auch irgendwie immer eine Erfahrung, die einen davon abhält, einen ähnlichen Fehler oder den gleichen, nur später, zu machen. Wir haben zum Glück bisher noch nicht den Fehler gemacht, der uns das Unternehmen zerstört. Man ist da ja nie so sicher davor – aber bisher ist uns das zum Glück nicht passiert. Ansonsten glaube ich, dass jeder Quatsch, den wir gemacht haben, auch irgendwie sinnvoll war – einfach weil wir daraus gelernt haben. Und das muss man auch: Man muss zwangsläufig Fehler machen, besonders wenn man eigene Dinge aufzieht.

 

Wie lief eure Finanzierung?

Wir haben uns zunächst an die Uni Potsdam gewendet. Da gab es ein Programm, wo wir durch ein Assessment Center gegangen sind, bewertet und für gut befunden wurden. Damit haben wir Beratungsstunden gewonnen, die für uns aber nicht so sinnvoll waren. Letztendlich haben wir von Psychologen nur erfahren, dass wir Gründerpersönlichkeiten sind. Gut, das haben wir auch vorher gewusst.

Bei den Hasso Plattner Ventures sind wir aber grandios abgeblitzt, da wir nicht skalierbar genug waren, keine ausreichend hohen Verkaufsaussichten hatten. Aber es war immerhin ein Versuch.

Am Anfang haben wir uns völlig selbst finanziert aus Eigenmitteln. Einfach alles reingesteckt, was wir so hatten. Dann hatten wir das Glück, dass wir den klassischen Business Angel gefunden haben. Mehr zufällig, aus dem entfernten Bekanntenkreis. Jemand, der in der Wirtschaft sehr erfolgreich war, in einem ganz anderen Segment; dann in Rente gegangen ist, dem langweilig war und der viel Geld hatte. Der hat sich Zeit genommen, sich ganz viel mit uns auseinandergesetzt und dann gesagt: Ja, wir machen das! Das war sehr gut, denn sonst hätten wir es vermutlich nicht geschafft.

 

Und mittlerweile erwirtschaftet ihr euer Einkommen...

Wir sind jetzt nach 4 Jahren knapp an der Break-Even-Grenze. Das ist ganz gut. Wir haben am Anfang selber investiert, dann fremdes Geld investiert, dann die ersten Marketingerfolge gehabt. Und dieses Jahr werden wir Mitte des Jahres so viel Geld verdienen, dass wir uns selber tragen können. Und ab dann werden wir uns selber und unseren Finanzierern die Schulden nach und nach zurückzahlen können.

 

Was sind eure Zukunftspläne?

Wir haben einen signifikanten Wachstumsschritt vor, der jetzt noch von einigen Kennzahlen abhängt. Wenn alles gut läuft, werden wir uns in den nächsten anderthalb Jahren verdoppeln, was die Manpower angeht. Wir haben etliche Produkterweiterungen vor. Alles hängt natürlich immer ab vom nächsten Schritt. Wir sind halt noch nicht so groß, in 3-Jahres-Zeiträumen zu denken, sondern eher von Schritt zu Schritt. Das sind aber die beiden großen Schritte: mehr Menschen und zwei große Aufgaben, die wir in unser Produkt integrieren wollen.

 

Warum seid ihr eigentlich in Potsdam und nicht in Berlin?

Weil Potsdam die schönste Stadt dieses Landes ist. Es ist ganz einfach, die Frage hat sich nie gestellt. Potsdam ist prima – hat ne schöne Kultur, ne schöne Landschaft (und nen unglaublich hohen Hebesatz für Unternehmenssteuern – aber das ist egal).

 

Hast du Tipps für angehende Unternehmensgründer?

Die sind ja vermutlich alles solche „IT-Nerds“ wie ich einer bin. Und was ich am Anfang gemacht habe ist, zwei Sachen grandios zu unterschätzen: erstens die betriebswirtschaftliche Seite. Dann hat man vielleicht jemanden, der vielleicht investieren will, aber der will dann einen Stapel Dokumente, von denen ich noch nie gehört habe. Da hatte ich zum Glück jemanden, der mir da geholfen hat. Und das andere ist – fast noch schwieriger – Marketing. Denn wenn man etwas macht, das man selber gut versteht und von dem man selber überzeugt ist, dann meint man, die Welt wird das schon verstehen, was ich da habe, denn es ist ja gut, und der Markt wird es schon brauchen. Und dann habe ich es fertig, oder an einer Verkaufsschwelle, und plötzlich fragt gar keiner danach. Und wenn ich zu jemandem hingehe und es anbiete, dann  reagiert der gar nicht euphorisch wie ich gehofft habe, sondern vielleicht ganz skeptisch. Und das ist etwas, womit wir sehr gekämpft haben. Man selber ist euphorisiert und hängt an der Idee und weiß, dass es gut ist. Aber den Schritt zu gehen, anderen zu erklären, dass es gut ist und warum, und weg zu gehen von dem – wozu Techniker neigen – zu erklären, was es alles kann, welche Oberflächen es hat und so weiter. Und dem zukünftigen Nutzer einfach nur zu erklären, das Produkt löst folgende zwei Probleme. Nicht mehr und nicht weniger. Das war ein großer Schritt. Da haben wir viel lernen müssen und viel Lehrgeld bezahlen müssen. Da kann ich jedem nur raten: Konzentriert euch auf euren Markt, guckt euch den gut an, und versucht zu identifizieren, wie kriegt ihr eure Lösung in den Markt mit welchen Argumenten. Da haben wir bestimmt zwei Jahre gebraucht um das zu lernen.

 

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