Hasso-Plattner-InstitutSDG am HPI
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27.01.2006

Potsdam. Selbst modernste technische Neuentwicklungen für das Tele-Teaching machen künftig das persönliche Lehren in Klassenzimmern, Hörsälen und Vortragsräumen nicht überflüssig. Dieses Fazit zog Tagungsleiter Professor Christoph Meinel am Freitag zum Abschluss der zweitägigen Konferenz "Grenzenloses elektronisches Lernen für alle" am Potsdamer Hasso-Plattner-Institut (HPI). Gut 50 Wissenschafts- und Bildungs-Experten aus Deutschland, China, Luxemburg und der Schweiz hatten mit Vertretern von Anbietern und Anwendern erörtert, wie man spezifisches Wissen mit digitalen Lerninhalten und Lehrmitteln schnell und wirkungsvoll an zeitlich und räumlich entfernte Zielgruppen vermitteln kann.

Wenn in Zukunft praktisch jeder PC-Nutzer auf der Welt per elektronischem Fernstudium multimediale Aufzeichnungen von Vorlesungen und Lehrgängen verfolgen und nutzen könne, würden Techniken immer wichtiger, die aus diesen großen Wissensdatenbanken schnell und komfortabel benötigte Einzel-Informationen heraussuchen können, machten Referenten deutlich. Täglich würden laut Expertenschätzung rund 30 Millionen Vorträge in aller Welt gehalten. Das Bedürfnis, öffentlich interessierende Präsentationen auch übers Internet nutzbar zu machen, wachse. Das verschärfe jedoch das Problem des einfachen Zugreifens auf solche wertvollen Wissensbestände. Wissenschaftler des Hasso-Plattner-Instituts und des Instituts für Informatik der Universität Freiburg stellten in diesem Zusammenhang neue Forschungsansätze zu "Multimedia-Browsing"und zu "E-Bibliothekar-Diensten" vor. Künftig werde es zum Beispiel spezielle Browser-Software geben, die in der Lage sei, die Sprache eines Vortragenden in einem Lehrvideo nach Bedeutungsinhalt zu analysieren, in Text umzuwandeln und für die gezielte Suche aufzubereiten, erläuterte Prof. Meinel.

Informatikprofessor Raúl Rojas von der FU Berlin kündigte an, dass noch in diesem Jahrzehnt in den Universitätshörsälen das herkömmliche Anschreiben mit Kreide durch intelligente elektronische Tafeln abgelöst werde. "Diese mit plastischen Leuchtdioden arbeitenden großen Tafeln werden intelligente elektronische Assistenten haben, an die ich während des Anschreibens Anfragen richten kann und die mir beispielsweise helfen können, zwischendurch bestimmte Rechenschritte auszuführen", schaute Rojas in die Zukunft. Dr. Birgit Bomsdorf von der Fernuniversität Hagen berichtete, dass ihre Einrichtung immer stärker den Bedürfnissen des "mobilen Lerners" unter ihren rund 50.000 Studenten entgegenkomme. An der einzigen Fernuni im deutschsprachigen Raum studierten viele Berufstätige, die auch Familie hätten. Dieser Zielgruppe sei effizientes "Teilzeit-Lernen" per Internet beispielsweise auch im Urlaub und auf Reisen wichtig. Deshalb würden Materialien für das Lernen mit mobilen Endgeräten so aufbereitet, dass sie auf die individuelle Lernsituation, die gewünschte Lerndauer, den vermuteten Konzentrationsgrad und die erwartete Häufigkeit von Unterbrechungen Rücksicht nehmen.

Prof. Karl Kurbel präsentierte auf der Potsdamer Tagung die "Virtual Global University", ein privates Netzwerk von Wirtschaftsinformatik-Professoren aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Es bietet im Internet einen rein virtuellen und englischsprachigen Master-Studiengang in Wirtschaftsinformatik an - in Kooperation mit der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder). Diplom-Informatiker Stephan Trahasch aus Freiburg berichtete, dass an seiner Universität bereits alle Informatik-Vorlesungen für Bachelor-Studenten in elektronischer Form verfügbar seien. Insgesamt liege an der Uni Freiburg digitalisiertes Vorlesungsmaterial im Umfang von 1500 Stunden vor. Die Erfahrung zeige, dass etwa ein Drittel der Studenten nicht mehr in den Hörsaal komme, sondern nur noch übers Internet auf die Vorlesung zugreife. Ein weiteres Drittel sei immer da, das restliche Drittel nehme nur gelegentlich teil und nutze ansonsten die elektronischen Aufzeichnungen. Prof. Meinel, Direktor des gastgebenden Hasso-Plattner-Instituts, bestätigte diese Erfahrungen. Das HPI weist ein elektronisches Vorlesungsarchiv von 350 Veranstaltungen im Gesamtumfang von 400 Stunden auf. Über die Internet-Plattform www.tele-task.de ist es frei und kostenlos nutzbar. Die E-Learning-Koordinatorin Cerstin Mahlow von der Universität Zürich sagte auf der Potsdamer Tagung, ihre Uni wolle bis nächstes Jahr mindestens 15 Prozent aller Lehrveranstaltungen auch in elektronischer Form zugänglich machen.