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28.01.2014

HPI: Neuer Touchscreen erkennt berechtigte Nutzer am Fingerabdruck

Hannover/Potsdam. Nachwuchsforscher des Hasso-Plattner-Instituts (HPI) haben den weltweit ersten Touchscreen vorgestellt, der Fingerabdrücke während der Nutzung in Sekundenbruchteilen identifiziert. Die tischgroße Bildschirmfläche erkennt ohne Registrierung oder Log-in, ob die Anwender zu der jeweiligen Aktion berechtigt sind und ermöglicht es ihnen, simultan zusammenzuarbeiten. Das einfache und zugleich sichere System der Nutzeridentifikation arbeitet mit Glasfaser-Technologie und Rückprojektion. Den aktuellen Prototyp „Fiberio“ präsentierte HPI-Masterstudent Sven Köhler (23) am Dienstag auf einer internationalen CeBIT-Pressekonferenz in Hannover. Köhler und sein mittlerweile promovierter Kommilitone Dr. Christian Holz gehören zu den Nominierten für den CeBIT Innovation Award, der im März auf der CeBIT 2014 vergeben wird.

Die im Fachgebiet Human Computer Interaction unter Leitung von Prof. Patrick Baudisch entwickelte neue Plattform für digitale Interaktion bietet einen hohen und nutzerfreundlichen Sicherheitsstandard. „Das Problem, dass sich Unberechtigte bislang Zugang verschaffen konnten, wenn sie sich in einem unbeobachteten Moment des Geräts bemächtigten, ist mit Fiberio gelöst“, erklärte Köhler. Es sei nun nicht mehr nötig, eine Time-out-Zeitsperre einzurichten und sich durch abermalige Log-ins stets neu zu authentifizieren. Denn zusammen mit seinem Kommilitonen fand Köhler mit dem neuen System einen Weg, auf PIN-Eingaben oder auf einen separaten Fingerabdruckscanner wie im neusten iPhone verzichten zu können.

Stattdessen findet bei Fiberio eine permanente biometrische Authentifizierung mittels Fingerabdruckerkennung statt. Sie ist zum Beispiel wichtig, wenn verschiedene Nutzer mit unterschiedlichen Kompetenzen am selben Arbeitsplatz digitale Dokumente bearbeiten. „Fiberio kann etwa erkennen, dass von zwei Bankmitarbeitern, die mit dem System arbeiten, nur einer die Berechtigung hat, angezeigte Zahlungsanweisungen in bestimmter Höhe freizugeben“, erläuterte Köhler.

Den HPI-Forschern schwebt vor, selbst in sicherheitskritischen Systemen künftig mehr Transparenz bei der Nutzung von Daten zu ermöglichen. Etwa in Banken und Krankenhäusern, wo wichtige Daten aus Sicherheitsgründen heute noch hinter Glas verschwinden, zusammen mit den Computern und den Personen, die sie bedienen. „Mit Fiberio ließen sich große interaktive Touchscreens realisieren, an denen Unternehmensmitarbeiter mit Kunden und Ärzte mit Patienten gemeinsam arbeiten können. Trotzdem wären Daten zu jedem Zeitpunkt sicher, da Fiberio bei jeder Berührung weiß, wer was darf“, betonte Köhler.

Ein allererster Schritt bei der praktischen Anwendung der Fiberio-Technologie dürfte aber eher ein benutzerfreundlicher Fingerabdruckscanner sein, der sich wie ein Touchscreen einfach bedienen lässt. Solche Scanner ermöglichen Bankkunden in einigen Ländern schon das Geldabheben ohne PIN-Eingabe am Automaten, werden aber oft noch fehlbedient.

Zunächst wollen die Wissenschaftler am HPI-Fachgebiet Human Computer Interaction die Technologie hinter Fiberio miniaturisieren, zum Beispiel für die Anwendung in mobilen Geräten. „Letztlich wollen wir Computersysteme bauen, die selbst ihre Sicherheit gewährleisten, statt die Bemühungen und die Verantwortung dafür wie bislang üblich auf den Benutzer abzuwälzen“, sagte der Potsdamer HPI-Student. Die mobilen Geräte sollen - so die Vision der Forscher - noch an der Ladentheke zu persönlichen Gegenständen gemacht werden, die nur durch ihre Besitzer genutzt werden können.

Anfang Oktober war die Innovation auf einem wissenschaftlichen Symposium (ACM User Interface Software and Technology 2013) im schottischen St. Andrews mit dem „Best Paper Award“ ausgezeichnet worden. „Die Idee, dass ein Gerät sich nur durch seinen Besitzer benutzen lässt, wurde vor langer Zeit in Science Fiction-Filmen angedacht. Mit Fiberio lassen wir das Wirklichkeit werden“, sagte HPI-Professor Patrick Baudisch.

Fiberio authentifiziere die Benutzer für jeweils diejenige Interaktion, die gerade ausgeführt werde - biometrisch und sicher, erläuterte Baudisch. Da sich die Authentifizierung immer nur auf das eine Bildschirmelement beziehe, das der Benutzer gerade berühre, werde das Risiko eines unbefugten Zugriffs ausgeschlossen. Einen optischen Eindruck von Fiberio vermittelt dieses Video: www.youtube.com/watch?v=p1a5yLzuTqA.

Der CeBIT Innovation Award wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und der Deutschen Messe vergeben für herausragende Entwicklungen in den Bereichen Design, Nutzerfreundlichkeit und Mensch-Maschine-Interaktionen. Der CeBIT Innovation Award ist mit insgesamt 100.000 Euro dotiert.

Kurzprofil Hasso-Plattner-Institut

Das Hasso-Plattner-Institut für Softwaresystemtechnik GmbH (HPI) in Potsdam ist Deutschlands universitäres Exzellenz-Zentrum für IT-Systems Engineering. Als einziges Universitäts-Institut in Deutschland bietet es den Bachelor- und Master-Studiengang „IT-Systems Engineering“ an – ein besonders praxisnahes und ingenieurwissenschaftliches Informatik-Studium, das von derzeit 470 Studenten genutzt wird. Die HPI School of Design Thinking, Europas erste Innovationsschule für Studenten nach dem Vorbild der Stanforder d.school, bietet pro Jahr 240 Plätze für ein Zusatzstudium an. Insgesamt zehn HPI-Professoren und über 50 weitere Gastprofessoren, Lehrbeauftragte und Dozenten sind am Institut tätig. Es betreibt exzellente universitäre Forschung – in seinen neun Fachgebieten, aber auch in der HPI Research School für Doktoranden mit ihren Forschungsaußenstellen in Kapstadt, Haifa und Nanjing. Schwerpunkt der HPI-Lehre und -Forschung sind die Grundlagen und Anwendungen großer, hoch komplexer und vernetzter IT-Systeme. Hinzu kommt das Entwickeln und Erforschen nutzerorientierter Innovationen für alle Lebensbereiche. Das HPI kommt bei den CHE-Hochschulrankings stets auf Spitzenplätze. Mit openHPI.de bietet das Institut seit September 2012 ein interaktives Internet-Bildungsnetzwerk an, das jedem offen steht.