Hasso-Plattner-Institut25 Jahre HPI
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Stephan Haarmann

Wickr: Eine Gemeinsame Semantik für Flexible Prozesse und Daten

Traditionelle Prozessmodellierungssprachen sind auf hoch strukturierte Prozesse ausgelegt, in denen Daten nur eine Nebenrolle spielen. Sie eignen sich daher nicht für wissensintensive Prozesse, die flexibel und datengetrieben sind. Deshalb können prozessorientierte Informationssysteme Fachexperten nicht gänzlich unterstützen. Diese Arbeit beinhaltet eine neue Modellierungssprache, die flexible Prozessmodelle mit Datenmodellen kombiniert. Die Semantik dieser Sprache ist mittels gefärbten Petri-Netzen formal definiert. Wissensintensive Prozesse können so modelliert, verifiziert und ausgeführt werden.

Wissensintensive Prozesse sind variantenreich und involvieren Fachexperten, die mit ihren Entscheidungen die Prozessausführung prägen. Typische Anwendungsbereiche sind das Gesundheitswesen, Rechtswesen und Versicherungen. Diese Prozesse können i.d.R. nicht vollständig spezifiziert werden, da das zugrundeliegende Wissen zu umfangreich ist und sich außerdem zu schnell verändert. Die genaue Reihenfolge der Aktivitäten wird erst durch die Fachexperten zur Laufzeit festgelegt. Deshalb erfordern dieser Prozesse Flexibilität sowohl zur Entwurfszeit wie zur Laufzeit, Daten und Verhalten müssen in enger Beziehung betrachtet werden. Außerdem muss es möglich sein, den Prozess anzupassen, falls eine unvorhergesehene Situation eintreten. Etablierte Prozessmodellierungssprachen, wie z.B. BPMN, sind daher ungeeignet.

Deshalb werden neue Sprachen entwickelt, in denen sich generell zwei Tendenzen beobachten lassen: ein Wechseln von imperativer zu deklarativer Modellierung und eine zunehmende Integration von Daten. Im Fragment-Basierten-Case-Management können imperative Prozessfragmente zur Laufzeit flexibel kombiniert werden solange spezifizierten Datenanforderungen erfüllt sind.

In dieser Arbeit wird Wickr vorgestellt. Dabei handelt es sich um eine Modellierungssprache, die das Fragment-Basierte-Case-Management erweitert. Wickr kombiniert Prozessfragmente mit einem Datenmodell inklusive Assoziationen und zwei Arten an Multiplizitätseinschränkungen: Die erste Art muss immer gelten, wohingegen die Zweite nur am Ende eines Falls gelten muss. Zusätzlich unterstützt Wickr Stapelverarbeitung und Datenaustausch zwischen Fällen.

Des Weiteren entwickeln wir eine translationale Semantik, die Wickr in gefärbte Petri-Netze übersetzt. Die Semantik berücksichtigt sowohl die Vorgaben des Prozessmodells wie auch die des Datenmodells. Die Semantik eignet sich nicht nur für die Beschreibung eines einzelnen Falls, sondern kann auch mehrere untereinander in Beziehung stehende Fälle abdecken. Durch Prototypen wird die Umsetzbarkeit von Wickr demonstriert und mittels bekannten Anforderungslisten die Einsatzmöglichkeit für wissensintensive und datengetriebene Prozesse evaluiert.