Hasso-Plattner-Institut
 
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Es gibt wenige Ereignisse in der Geschichte von solcher wirtschaftlicher Tragweite wie das Scheitern von OSI gegenüber TCP/IP.

Man kann getrost sagen, daß das Zusammenwirken der genannten Ursachen zum Ergebnis hat, daß es – außer der öffentlichen Vermittlungstechnik samt Mobilfunk sowie der privaten Nebenstellentechnik– keine Rechner- Netzindustrie von Bedeutung mehr in Deutschland gibt, allenfalls noch Händler und Betreiber ausländischer Netzprodukte mit einigen wenigen deutschen Spezialitäten, vorzugsweise im ISDN- Bereich.

Aber was soll´s, wird der Unbedarfte fragen! Die Schweizer oder Belgier bauen ja auch keine Autos und sind trotzdem wohlhabende Menschen. Vorsicht! Der Vergleich mit den Autos hinkt. Während man es beim Automobil und allen Gewerben, die zuarbeiten oder dieses nutzen, mit völlig unterschiedlichen Branchen zu tun hat wie:

                                * Straßen- und Brückenbau
                                * Kfz-Hersteller
                                * Speditionen
                                * Groß- unde Einzelhandel
                                * Endverbraucher

hängen die Player im Netzbereich

                                * Carrier
                                * ISP- Internet Service Provider
                                * OSP- Online Service Provider
                                * Content Provider
                                * Electronic Malls
                                * Consumer

viel stärker miteinander zusammen und sind begrifflich schon kaum mehr zu unterscheiden. Entsprechend leichter ist es auch, Gesamtpakete aus einer Hand oder in Allianzen anzubieten.

Nicht von ungefähr wird der Deutsche Online- Dienste Markt zunehmend von den großen US- amerikanischen Providern besetzt.

Macht man sich weiterhin klar, zu welchem Big Bang die Fa. Microsoft- mit seiner Office 97 Suite ausgeholt hat, indem es – was lange schon in der Luft lag- die PC- Welt mit der Internet- Welt "verheiratet" hat, so kann man sich ausmalen, wie dies die Welt verändern wird. Schaut man sich zusätzlich noch an, in welche Geschäftsfelder Bill Gates expandiert und diversifiziert, dann wird klar, welches Monopoly angesagt ist.

Eigentlich hatte ich an dieser Stelle vor, einen Abschnitt über Chancen und Stärken in der Domäne .DE zu bringen, die natürlich auch da sind, so wie es auch an der Börse jeden Tag wieder neues Spiel und neues Glück gibt.

Als ich jedoch bei der Vortragsvorbereitung all die in den vergangenen 15 Jahren verpaßten Chancen vor meinem geistigen Auge habe vorbeiziehen lassen, die Aufbruchstimmung, die großzügig bereitgestellten Fördermittel, das Vertrauen, der breite Konsens, das phantastische Know How , der Vorsprung in vielen Bereichen und und und, da ist mir die Lust vergangen, mir schon wieder neue Chancen vorzustellen, aus denen dann wieder nichts wird. Vor allem wollte ich nicht selbst die leeren

Worthülsen verwenden, die von den einen immer wieder als verbale Maiskolben vor das Maul des braven Esels gehängt werden, um ihm hinterrücks die Dukaten abzugreifen, während die anderen ihn am Schwanz festhalten, bis er feststeckt im Schlamm, wie ein Pulling Tractor mit den Bremsklötzen. Und eines häßlichen Tages kommen dann vielleicht keine Dukaten mehr, sondern der Stoff, von dem eingangs die Rede war.

Aber wozu denn diese Sorgen?500 Mio Fördermittel für die wissenschaftliche Kommunikation in den vergangenen 13 Jahren, das sind gerade mal 50 Pfg. je Bundesbürger und Jahr. Wer fragt da schon nach dem Return on Investment für die deutsche Wirtschaft, zumal die jungen Leute an den Unis‘s ja auch etwas gelernt haben. Verglichen mit den Steinkohle- Subventionen von 70 Mrd. bis 2005 ist das doch sowieso ein Spautz. Richtig! Und dort genau kann man eine Gegenrechnung ansetzen.Ich hatte selbst einmal das Glück, aus dem BMFT- Fördertopf im Jahre 1984 einen für uns damals stattlichen Betrag von 100 TDM für eine Email- Anbindung nach USA zu bekommen. Hieraus erwuchs nach vielen Jahren des zähen Durchhaltens ein mittlerweile durchaus erfolgreicher Internet Service Provider, der selbst und mit seinen ca. 60 PoPs zusammen vielleicht 200 Arbeitsplätze generiert haben dürfte. Initialisierungskosten für einen neuen Arbeitsplatz: 500 DM. Nicht glaubhaft? Hochgerechnet auf 500 Mio Fördermittel 1 Mio neue Arbeitsplätze? Unsinn!Vielleicht doch nicht. Der Arbeitsplatz am Internet in Gestalt eines PCs mit Modem ist gar nicht so teuer. Überdies arbeiten die Informatiker nicht untertage (wie die Bergleute), sondern wegen der –noch- hohen Telekom- Gebühren unter der Nacht (wo es auch ohne teure Schachtanlagen dunkel ist), und warten sehnsüchtig auf die Verheißungen der Deregulierung.Selbst wenn meine simple Hochrechnung von 200 auf 1 Mio Arbeitsplätze utopisch erscheinen mag, so birgt sie folgenden Mechanismus in sich: jeder Arbeitsplatz im Netzbereich gebiert neuen Bedarf und damit auch neue Arbeitsplätze in anderen Bereichen und ist dabei ein hervorragender Motor für Umstrukturierungsprozesse aller Art.Mitte März, als der Kurs der Telekom- Aktie die neue Bestmarke von 36.85 DM erklommen hatte, jubelte die Bildzeitung "Telekom- die mit einem Börsenwert von über 100 Mrd. DM teuerste Telekommunikationsgesellschaft der Welt, noch vor AT&T". Stimmt, doch diese mittlerweile von der gesamten Großindustrie hochgepuschte Share Holder Value- Strategie wird uns alle noch teurer zu stehen kommen, als es ohnehin bereits der Fall ist.Nachdem genau wegen dieses Share Holder Values hierzulande von den Großen jede Menge Arbeitsplätze wegrationalisiert, bzw. ins Ausland verlagert werden, wären es, wie jeder weiß, eigentlich genau die KMUs, die Service Provider, die Mehrwertdiensteanbieter und Grass Roots in vielen benachbarten Bereichen, wenn sie denn schnell genug, - mit der Dragster- Geschwindigkeit- wachsen könnten, um im Internet- Zeitalter mithalten zu können. Aber gerade dies ist bei uns praktisch unmöglich- aus vielerlei Gründen. Zu denken geben sollte dabei, daß es bisher noch überhaupt keiner originären deutschen Firma gelungen ist, an der NASDAQ, dem Börsenplatz für High Tech- Unternehmen, notiert zu werden. Die US- Anlageberater raten ab von deutschen Start Up- Unternehmen, und da haben sie wohl aus ihrer Sicht sogar recht. Und die großen amerikanischen Consulting Häuser, und unter denen macht es ja das deutsche beratungsbedürftige Top- Management nicht, wirken flankierend.