HPI: Was ist das Geschäftskonzept von ecotastic?
FL: ecotastic (www.ecotastic.de) belohnt Menschen, die in ihrem Alltag umweltfreundlich handeln, mit attraktiven Gutscheinen von unseren ausgewählten Partnerunternehmen. Wir möchten Dir und mir einen Anreiz geben, jeden Tag ein bisschen mehr zu machen: Sei es die Fahrradfahrt zur Arbeit, Mülltrennung zu Hause oder viele andere, insbesondere kreative Schritte, die einem selbst vielleicht nicht einfallen, jedoch kaum Aufwand bedeuten.
Mit der ecotastic Smartphone-App (Download) dokumentieren unsere Nutzer ihr Umweltverhalten. Sie stehen miteinander im spielerischen Wettstreit, ernten soziale Anerkennung und können ihre gesammelten Punkte schließlich zur eigenen Belohnung gegen Waren- oder Dienstleistungsgutscheine unserer Partnerunternehmen eintauschen.
Unsere Werbepartner vergeben die Gutscheine ihrer Unternehmen als Anreiz für mehr Umweltengagement in unserer Gesellschaft. Gleichzeitig steigern sie ihren Bekanntheitsgrad in der Zielgruppe der umweltgerecht handelnden Menschen und gewinnen mit ihren Gutscheinen unsere Nutzer als potentielle Neukunden.
Für die Nutzer ist die Smartphone-App kostenlos. Die Partnerunternehmen zahlen eine monatliche Teilnahmegebühr dafür, dass sie sich mit einer individuellen Profilseite unserer Nutzergruppe präsentieren und Gutscheine in der App anbieten können. Auf der Profilseite stellen sie sich vor: wer sie sind, was sie machen, warum sie Nachhaltigkeit fördern möchten.
HPI: Kann man sagen, welche Idee dahinter stand oder was euch zu diesem Konzept inspiriert hat, was der Trigger war?
FL: Ralf – das ist der zweite HPI-Student in unserem Team – und ich hatten uns schon während des Bachelorstudiums vorgenommen später ein Unternehmen zu gründen. Schließlich wird einem der Unternehmergeist ja auch schon früh am HPI mitgegeben: Gleich im ersten Semester leitete ein älterer Alumnus, der selbst ein Unternehmen gegründet hatte, unser Einführungsseminar.
Die Idee für ecotastic ist uns letztlich während unseres Auslandsstudiums in Kalifornien gekommen. Wir beobachteten, dass vier unserer Kommilitonen jeden Tag mit vier unterschiedlichen Autos zum Universitätscampus fuhren, obwohl sie gemeinsam in einer WG wohnten. Da begannen wir zu überlegen, wie wir sie dazu anstiften könnten, eine Fahrgemeinschaft zu bilden.
Ursprünglich ging es also bloß darum, Fahrgemeinschaften zu belohnen. Daraus ist inzwischen ecotastic erwachsen, das jetzt jegliches umweltfreundliches Verhalten belohnt.
HPI: Das heißt, ihr habt schon da angefangen, herumzuprobieren, seid zurückgekommen und habt hier Mitstreiter gesucht, oder wie war das?
FL: Genau, wir führten damals zuerst eine Online-Umfrage unter unseren Freunden und Bekannten durch, um das Potential unserer Idee zu testen: Erklären sich Menschen dazu bereit, öfter Fahrgemeinschaften zu bilden, wenn sie dafür mit Gutscheinen belohnt werden würden? An der Umfrage haben sich immerhin mehr als 100 Personen beteiligt, die uns in unseren Vorhaben bestärkten.
Anschließend besuchten wir am HPI den Basic Track der D-School, während wir parallel unsere Masterarbeiten schrieben. Dort haben wir dann Anna kennengelernt – die Dritte im Bunde. Sie absolvierte zu dem Zeitpunkt ihr Masterstudium in „Integrated Natural Resource Management“ an der HU Berlin und gemeinsam mit ihr entwickelten wir unser Konzept konsequent weiter.
HPI: Wie hat sich das Konzept von der anfänglichen Idee inzwischen weiterentwickelt?
FL: Ursprünglich beabsichtigten wir unser Belohnungssystem viel technologieintensiver aufzubauen. Fahrgemeinschaften sollten per GPS erkannt werden, die Bahnfahrt mit dem RFID-Chip der DB-Touchpoints, die Quittung im Supermarkt mittels Optical Character Recognition usw.
Doch uns war besonders wichtig möglichst schnell einen ersten Prototypen herauszubringen, mit dem sich unsere Hypothese - Menschen lassen sich mit Spielspaß und Belohnungen zu mehr Umweltengagement motivieren - testen ließe. Uns kam die Idee, dass ein Foto einer umweltgerechten Handlung ausreichend beweiskräftig sein würde. Deshalb entwickelten wir eine Android-App, mit der man sein Umweltverhalten mit Fotos dokumentieren und von anderen Nutzern der Community bewerten lassen kann.
Inzwischen hat sich herausgestellt, dass in diesen Fotos und dem nutzerzentrierten Kontrollmechanismus ein besonderer Reiz liegt. Die Nutzer lassen sich von den Fotos der anderen inspirieren, tauschen Ideen aus und vermitteln sich gegenseitig Wissen. Ein automatisches Erfassen mittels verschiedener Technologien hätte nicht denselben Reiz und würde außerdem einen viel höheren Entwicklungsaufwand erfordern. Stattdessen können wir uns jetzt auf die Weiterentwicklung der „User Experience“ und der „Gamification“ konzentrieren. Ein bisschen was hat sich also getan.
HPI: War die D-School da mit ausschlaggebend?
FL: Klar, sie hatte definitiv einen starken Einfluss darauf wie wir heute arbeiten. Während des Studiums am HPI wurden wir bereits darauf getrimmt, am Nutzer orientiert zu arbeiten und in iterativen Schritten Prototypen zu basteln. Dieses Vorgehen wurde in der D-School noch verstärkt, so dass wir die Entwicklung von ecotastic tatsächlich mit Papierprototypen starteten. Das heißt, wir haben einfache Skizzen von unserer zukünftigen App gezeichnet, diese Freunden gezeigt und beobachtet wie sie vorgaben damit interagieren zu wollen. Worauf „klicken“ sie, welches Ergebnis erwarten sie, welchen gezeichneten Screen zeigen wir ihnen als nächstes usw.
In der D-School haben wir verinnerlicht, immer nutzerzentriert zu denken, möglichst früh Feedback einzuholen, und iterativ damit zu arbeiten. So verhindern wir, dass wir im stillen Kämmerlein sitzen und eine App entwickeln, die keiner will.