Große Biobanken wie die UK Biobank kombinieren genetische Daten mit gesundheitsrelevanten Messungen, wie beispielsweise die Blutbiomarker Cholesterin oder Vitamin D. Ziel ist es, die genetischen Grundlagen von Krankheiten zu verstehen und so bessere Therapien und Diagnostik zu entwickeln.
Exom-Sequenzierung ermöglicht die Untersuchung von seltenen genetischen Varianten, die direkt die Bausteine von Zellen schädigen. Erst kürzlich wurden erste Datensätze mit mehr als 200.000 Personen und 40 Millionen Varianten veröffentlicht. Deren Analyse ist aufwendig, da die Funktion aller Varianten erst vorausgesagt werden muss, bevor sie in statistischen Verfahren analysiert werden können.
Mit neuen innovativen Testverfahren ist es Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Hasso-Plattner-Instituts (HPI) und des Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft (MDC) nun gelungen, bei der Analyse dieser Daten verschiedene molekulare Funktionen der DNS Sequenz miteinzubeziehen und zu vergleichen. In ihrem Artikel „Identifying interpretable gene-biomarker associations with functionally informed kernel-based tests in 190,000 exomes“ im renommierten Wissenschaftsmagazin Nature Communications beschreiben Forscherinnen und Forscher in der Gruppe von HPI-Prof. Christoph Lippert und Co-Autoren ihre Analyse von seltenen genetischen Varianten und ihre Verbindung zu Blutbiomarkern anhand der von ihnen entwickelten Testverfahren.
Die Resultate Ihrer Analyse könnten bald in die Entwicklung neuer genetischer Risiko-scores miteinfließen. Der EU-Grant INTERVENE (https://www.interveneproject.eu/), der die Studie mitfinanziert hat, hat sich zum Ziel gesetzt, Modelle zur klinischen Risikoabschätzung anhand von genetischen und anderen gesundheitsrelevanten Daten zu verbessern.
„In unserer Studie konnten wir mit einem neuen Kernelbasierten Test weitere Assoziationen und kausale Gene für wichtige Blutbiomarker entdecken“, so Prof. Christoph Lippert, der das Fachgebiet „Digital Health – Machine Learning“ am HPI leitet. Das neue Assoziationstestverfahren bringe gleich mehrere Vorteile mit sich: „Gleichzeitig verbessert und beschleunigt der Test die Berechnung und Interpretierbarkeit der Ergebnisse.“ Die im Artikel dargestellten Ergebnisse dokumentierten eindrücklich die Vorteile der Untersuchungsmethode und belegten den Beitrag seltener genetischer Varianten zur Variabilität von Biomarkern.
„Für mich waren die Ergebnisse zu gain-of-function Varianten am interessantesten. Diese Varianten ändern die Funktion von Proteinen, anstatt sie zu zerstören. Wir haben herausgefunden, dass unsere Methoden für diese Varianten besonders nützlich sein können. Im Gen PIEZO1, das den Salzgehalt von Zellen reguliert, konnten wir davon besonders viele finden. Diese Varianten beeinträchtigen den Wasserhaushalt von roten Blutzellen, was sich interessanterweise in einem Biomarker gezeigt hat, der normalerweise für Diabetes verwendet wird,“ so Remo Monti, Doktorand am HPI und Erstautor der Studie.