Hasso-Plattner-Institut
Prof. Dr. Holger Giese
 

Digitale Simulationstrainings für den Massenanfall von Verletzten

Das hier beschriebene Projekt ist Teil einer Serie von Projekten zur Entwicklung von digitalen Simulationstrainings für den Massenanfall von Verletzten. Einen Überblick über alle Projekte und weiterführende Informationen finden Sie auf manv-simulation.de.


Digitale Simulationsübungen für Ausnahmesituationen in Krankenhäusern

Bachelorprojekt im Wintersemester 2023/24 und Sommersemester 2024

Hallo und herzlich willkommen auf der Webseite des Bachelorprojekts 2023/24 am Fachgebiet Systemanalyse und Modellierung.

Projektteam

Hintergrund

Die dynamische Patientensimulation (dPS) ist ein etabliertes Simulationsspiel, mit dem Rettungskräfte für Situationen üben können, in denen sie mit einer Vielzahl an Patient:innen gleichzeitig konfrontiert sind. Die Besonderheit der dPS gegenüber anderen Übungssystemen ist die zustandsbasierte Dynamik der Patient:innen, welche sich abhängig von der Behandlung verschieden weiterentwickeln können. Die dPS wird ursprünglich analog mit laminierten Karten und Aufklebern gespielt und wurde von einem vorherigen HPI-Bachelorprojekt bereits digital umgesetzt (siehe: manv-simulation.de).

Allerdings eignet sich die dPS nur für die Präklinik, also für die Behandlung von Patient:innen an der Einsatzstelle oder beim Transport, aber noch vor der Übergabe an ein Krankenhaus. Für die weitere Behandlung der Patient:innen in einer Klinik wären dagegen deutlich mehr medizinische Informationen und Behandlungsoptionen notwendig.

Die Erfinder der dPS, Wolfram Pohlheim und Dr. Frank Sensen, haben daher 2015/16 eine Klinik-Variante der dPS entwickelt. In dieser Variante wird ein längerer Zeitraum betrachtet und es können deutlich mehr Maßnahmen angewandt werden, wodurch die Patient:innen teilweise mehrere hundert verschiedene Zustände erreichen können. Zusätzlich stehen für die Patient:innen deutlich mehr Informationen zur Verfügung, von Laborbefunden bis zum Röntgenbild.

Die Klinik-dPS wurde nach ihrer Entwicklung mehrfach erfolgreich erprobt und inhaltlich für gut befunden. Allerdings hat sich das Spiel als zu komplex für die breite Verwendung herausgestellt: Für eine einzige Simulationsübung war ein ganzer Tag Vorbereitung und Erklärung erforderlich, was für Klinikpersonal-Schulungen nicht realisierbar ist. Daher sind seit Jahren keine Übungen mehr mit der Klinik-dPS durchgeführt worden. Der Bedarf für Übungen besteht allerdings weiterhin, Krankenhäuser für Ausnahmesituationen wie einen hohen Patient:innen-Andrang nach Großschadensereignissen oder Naturkatastrophen vorzubereiten.

Ziel

Es gibt zwar diverse Planspiel-Übungssysteme für Krankenhäuser, aber noch kein Übungssystem auf Basis detailliert zu behandelnder einzelner Patient:innen. Zudem gibt es die sogenannten Vollübungen, die realistischer, aber auch sehr aufwändig sind. In dieser Nische sollte nun eine hilfreiche Ergänzung geschaffen werden. Um Personal für diese Ausnahmesituationen vorzubereiten, muss eine effektive Kommunikation, Koordination und Priorisierung geübt werden. Wir wollten also ein digitales Übungskonzept bereitstellen, das diese Fähigkeiten fordert. Um als hilfreiche Ergänzung zu gelten, sollten zudem die Vorbereitung und die nötigen Ausgaben für Übungen möglichst gering gehalten werden.

Umsetzung

Die detaillierten Patienten sind unser wichtigstes Alleinstellungsmerkmal. Deshalb haben wir uns entschieden, unsere Software voll und ganz auf den einzelnen Patienten zu fokussieren. Wir haben eine Tablet-optimierte Webanwendung entwickelt, die in einem Tab je genau einen Patienten anzeigt. Dadurch sind Vitalparameter und die verwendeten Ressourcen für einen Patienten auf einen Blick ersichtlich. Sämtliche Interaktionen mit dem Patienten finden dabei über diesen Tab statt. Die Interaktionen beschränken sich dabei auf die wesentlichsten Aspekte. Wie schwer ist der Patient verletzt? Wo sollte der Patient behandelt werden? Welche Behandlung sollte als nächstes durchgeführt werden? Welcher Patient erhält Zugang zu kritischen Ressourcen? Sich auf den Patienten zu fokussieren, ermöglicht uns zudem, dass eine Person mehrere Ärzte zeitgleich verkörpern kann. Dadurch können Übungen sowohl im kleineren Rahmen als auch von Personen mit unterschiedlich starker Personalverantwortung sinnvoll gespielt werden.

Um überhaupt die Ausnahmesituation in einer Übung reproduzieren zu können, ist der richtige Stressfaktor und vertraute Bedingungen für die Übenden wichtig. Dies lässt sich am einfachsten und effektivsten dadurch lösen, dass eine oder mehrere erfahrene Personen die Verantwortung bekommen, die Übung zu führen. Wir bieten diesen Personen ein Interface um Übungen konfigurieren zu können und während der Übung die Schwierigkeit anzupassen. Dies geschieht durch Hinzufügen oder entfernen von Patienten, Personal und kritischen Ressourcen. Zudem werden alle Aktionen der Teilnehmer geloggt, sodass die Übung im Nachhinein ausgewertet werden kann.

Projektverlauf

Unser Projekt wurde in vier wesentlichen Schritten abgewickelt. Ende September bis Anfang November haben wir Überlegungen zu einer erfolgreichen Produktentwicklung angestellt und den Datensatz aufbereitet. Bis Ende des Jahres haben wir dann in Zusammenarbeit mit unseren Projektpartnern und dem Besuch zweier medizinischer Seminare die Anforderungen für unser Produkt gesammelt und zahlreiche Prototypen entwickelt. Nach Beginn der technischen Umsetzung Anfang 2024 konnten wir im Juni die erste funktionsfähige Version veröffentlichen. Seitdem fokussieren wir uns auf einen sauberen Abschluss des Projektes sowie die Entwicklung von Erweiterungen durch unsere Bachelorarbeiten.

Präsentation

Im Rahmen des 21. HPI Bachelorpodiums haben wir unser Projektergebnis präsentiert. Falls Sie 7 Minuten Zeit habt, könnt Sie auf tele-task unsere Präsentation anschauen!

Software

Testen und nutzen Sie gerne unsere Software unter klinik-dps.de! Den Quelltext finden Sie auf GitHub. Dieser ist mit Ausnahme der Daten MIT-lizenziert.

Unterstützer

Wir bedanken uns insbesondere bei folgenden Unterstützern:

Kontakt

Bei Interesse erreichen Sie uns per Mail unter bp2023hg1(at)hpi.de oder über unseren Projektbetreuer Christian Schäffer.