Dr. Otto Schily (Bundesminister des Innern a.D.): Cybersicherheit bei politischer Prioritätensetzung zu wenig beachtet
[12. Juni 2015, veröffentlicht: 15:50 Uhr]
Der frühere Bundesinnenminister Otto Schily betonte am Freitag auf der Potsdamer Sicherheitskonferenz, dass persönliche Freiheitsrechte im Internet nicht durch den Rechtsstaat, sondern durch Terrorismus, organisierte Kriminalität und totalitäre Regimes bedroht würden. Auch die wachsende wirtschaftliche und politischer Macht privater Konzerne wie Google und Facebook begreift er als Gefahr: "Gegen diese Konzentration versagen die Instrumente des Kartell- und Steuerrechts, hier bedarf es weiterer Beschäftigung".
Er beklagte, dass Cybersicherheit bei der Festlegung politischer Prioritäten noch nicht den ihr gebührenden Rang einnehme. Als unzureichend bezeichnete er unter anderem die erst im Mai vorgestellte Strategie der EU-Kommission zum „Digitalen Binnenmarkt", bei der angemessene Sicherheitsmaßnahmen kaum eine Rolle spielten. Dabei könne das technologisch hinter den USA zurückgebliebene Europa gerade auf diesem Gebiet ein „Alleinstellungsmerkmal" herausbilden, so Schily. Den Angriff auf die Informationstechnologie-Infrastruktur des Deutschen Bundestages bezeichnete er als "Debakel sondergleichen".
Zugleich stellte der auch als Rechtsanwalt tätige Schily heraus, wie dringlich die Beantwortung grundlegender Fragen im Umgang mit dem Internet sei: Ob die Digitalisierung den Rechtsstaat untergrabe oder festige, mit welchen Mitteln der Staatenbund der EU den digitalen Raum rechtlich regeln dürfe, ohne die Freiheit des einzelnen einzuschränken, und ob man hinsichtlich des Cyberwars primär an defensiven oder auch offensiven Technologien arbeiten solle.