19/02 - Vorkämpfer für mehr Internet-Sicherheit werden Hacker:
Trierer Telematik-"Tiger" greifen Kunden-Systeme an
Trier. Deutschlands Spitzenforscher für mehr
Internet-Sicherheit, die jungen Wissenschaftler des Trierer
Instituts für Telematik, wechseln die Fronten: Als Hacker
werden sie künftig versuchen, durch Schlupflöcher in
Computer-Netzwerke von Firmen einzudringen - allerdings nur, wenn
die Unternehmen sie dazu beauftragen. Ein sogenanntes "Tiger
Team" soll mit den gleichen Werkzeugen und Tricks, wie Hacker sie
anwenden, Schwachstellen in der elektronischen Abwehr der
Auftraggeber aufdecken. Dadurch können die Unternehmen ihre
Schutzmaßnahmen verbessern. Derzeit tüftelt ein Trierer
Tiger-Team an elektronischen Attacken auf eine renommierte
Bank.
"Unser Tiger-Team kann beim Kunden unabhängig und
zuverlässig ermitteln, wie sicher dessen eigene Abwehr
wirklich ist. Zudem sind wir nicht betriebsblind, sondern gehen
sehr unbefangen an unsere Aufgaben heran", beschreibt der Direktor
von Deutschlands Spitzenforschungs- und Entwicklungs-Zentrum
fürs Internet, Professor Christoph Meinel (48), die Vorteile
der Vorgehensweise in seinem Institut für Telematik. Mit
gängigen Routinen, aber auch mit selbst entwickelten Verfahren
klopfen die Trierer Wissenschaftler EDV-Systeme auf
Schlupflöcher ab.
Manche Auftraggeber favorisieren nach Meinels Worten
kostengünstige Basis-Prüfungen. Mit Sicherheitsscannern
lassen die Trierer "Anti-Hacker" dann automatisierte Tests ablaufen
und prüfen mit rund 1000 Einzelattacken, ob das IT-System
einer Firma gegenüber Angriffen aus dem Internet anfällig
ist. "Manchmal wird ein Angriff konkret durchgespielt. In anderen
Fällen wird lediglich nach bestimmten Softwarepaketen und
deren Versionen gesucht, von denen man weiß, dass sie
Sicherheitslücken aufweisen", verrät der Trierer
Institutsleiter. Seine Telematik-"Tiger" sind aber auch für
das "Social Engineering" gerüstet, bei dem man versucht,
über die Schwachstelle Mensch in das System einzudringen.
"Nicht immer kommt man mit automatisierten
Basis-Checks genügend weit", betont Meinel, der auch
Lehrstuhlinhaber (C4) für Informatik an der Uni Trier ist.
Sein gemeinnützig, unabhängig und wirtschaftsnah
arbeitendes Institut für Telematik stellt sich deshalb auch
auf die außergewöhnlich hohen Sicherheits-Ansprüche
von Firmen und Behörden mit komplexeren IT-Infrastrukturen und
-Anwendungen ein: "Hier sind sehr spezifische Tests erforderlich,
die jeweils den Gegebenheiten angepasst werden müssen". Alle
Aktivitäten der angeheuerten Trierer Eindringlinge werden
protokolliert und in einer Präsentation den zuständigen
Fachabteilungen der Kunden vorgelegt. Nach einer Analyse der
Sicherheits-Mängelliste schlägt das Institut für
Telematik dann Konzepte zur Behebung der Schwachstellen vor. "Mit
Hilfe von Schulungsmaßnahmen fördern wir zudem
vorsorglich das Sicherheitsbewusstsein der Abteilungen - vom
Vorgesetzten bis zu den Anwendern", ergänzt Prof. Meinel. Sein
Institut hat übrigens Anfang des Jahres einen Erfinderpreis
bekommen für ein patentiertes Sicherheitsschleusen-System, das
Online-Hackern wirksam das Handwerk legt.