29/02 - Ein Jahr nach Terrorattacken: Institut für
Telematik kritisiert "laschen Umgang mit Informationssicherheit"
Trier. Deutsche Unternehmen haben sich bisher nicht ausreichend
gegen Terrorattacken auf ihre IT-Systeme geschützt. Diese
Feststellung hat der Trierer Informatik-Professor Christoph Meinel
(48) in einem Radio-Interview zum Jahrestag der Anschläge in
den USA getroffen. Nach Meinels Beobachtung gehen viele Firmen mit
der Sicherheit ihrer Computer und Netzwerke "immer noch zu lasch"
um. Der Direktor des gemeinnützigen und unabhängigen
Trierer Instituts für Telematik (www.telematik-institut.org) kritisierte, dass trotz
erhöhten Gefährdungsbewusstseins nach dem 11. September
nicht genügend in verstärkten Schutz für die
Informationstechnik investiert worden sei. Meinel machte dafür
Manager verantwortlich, die auf die schwierige Wirtschaftslage mit
"kurzsichtigen Einsparungen am falschen Ende" reagierten. Bei rund
60 Prozent der Unternehmen stagnierten derzeit die Budgets für
IT-Sicherheit oder würden sogar noch gekürzt.
Am wenigsten kritisch sei die Lage im Bankenbereich, dessen
Sicherheitsbewusstsein der Trierer Wissenschaftler als
"vorbildlich" bezeichnete. Bei mittleren und kleinen Unternehmen
hingegen registriert das Institut für Telematik oft, dass
Sicherheitsprobleme einfach heruntergespielt werden. Gelegentlich
mangele es den IT-Abteilungen solcher Firmen an hinreichend
qualifizierten Fachkräften: "Datenspionage und Sabotage werden
deshalb oft gar nicht als solche erkannt, sondern als
Technik-Problem fehlinterpretiert", betont Institutsdirektor
Meinel. Nach seiner Schätzung ist mehr als jedes zweite
deutsche Unternehmen schon Opfer von Hacker-Attacken und anderen
Angriffen geworden. Die Dunkelziffer sei sehr hoch, weil Manager
zum eigenen Schutz nicht gerne über solche Probleme
berichteten.
"Es wirkt schon schizophren, wenn in Befragungen vier
Fünftel der Unternehmer aller Branchen der IT-Sicherheit
höchste Priorität beimessen, aber nur ein knappes Drittel
angibt, auf die Ereignisse des 11. September reagiert zu haben",
kritisiert der Chef des Trierer Spitzenforschungs- und
Entwicklungszentrums. Manche Firmen-Chefs wähnten sich schon
genügend sicher, wenn ihre Unternehmen mit Firewalls und
Virenscannern arbeiteten. Dabei brauche es vielmehr systematische
und individuelle Risikoanalysen, komplette
Sicherheits-Lösungen und regelmäßige Kontrollen.
Prof. Meinel: "Wer sich dafür einen Partner aussucht, der
nicht auf Gewinnmaximierung aus ist, kann so etwas auch als
Mittelständler bezahlen".
Meinel sagte, manche Manager meinten, das eigene
mittelständische Unternehmen werde schon nicht angegriffen
weil man ja nicht Microsoft oder die Deutsche Bank sei. Wenn dann
doch etwas passiere, seien nicht nur der Image- sondern auch der
finanzielle Verlust enorm. Wenn zum Beispiel personenbezogene Daten
gestohlen würden, hafte der verantwortliche Manager für
die entstehenden Schäden persönlich. Der Trierer
Wissenschaftler riet Firmenchefs, die Bedrohung von innen nicht zu
unterschätzen. In etwa einem Drittel der Fälle
würden Sicherheitsverstöße von den Mitarbeitern im
eigenen Hause begangen, berichtete Meinel.