31/02 - Risikomanagement-Technologien vom Trierer Institut
für Telematik auf der LuxFinance 2002 vorgestellt
Luxemburg. Deutschlands Spitzenforschungs- und
Entwicklungszentrum fürs Internet, das Institut für
Telematik, hat auf der LuxFinance 2002 (Workshop 14 am 7.Oktober)
neue praxisgerechte und anwenderfreundlicher Hightech-Lösungen
für das Risiko-Management bei Finanzdienstleistern
vorgestellt. Präsentiert wurden unter anderem der neue "TI-Fonds-Manager" sowie eine Schleusen-Lösung, die
Firmencomputer hundertprozentig gegen Online-Attacken von Hackern
abschottet - und damit sicherer ist als die klassischen
"Firewalls". Das Institut (www.telematik-institut.org) wies auch auf das
Angebot hin, seine Wissenschaftler als Hacker versuchen zu lassen,
durch Schlupflöcher in Computer-Netzwerke von
Finanzdienstleistern einzudringen - allerdings nur, wenn die
Unternehmen sie dazu beauftragen.
Ein sogenanntes "Tiger
Team" des Instituts deckt dann mit den gleichen Werkzeugen und
Tricks, wie Hacker sie anwenden, Schwachstellen in der
elektronischen Abwehr der Auftraggeber auf. Dadurch können die
Finanzdienstleister ihre Schutzmaßnahmen verbessern.
Höchste Anforderungen würden heute an die
Informations-Technologie und -Infrastruktur von
Finanzdienstleistern gestellt, betonte Professor Christoph Meinel
(48), Direktor des außeruniversitären und
gemeinnützigen Instituts: "Die weltweit zunehmende Zahl an
Finanz-Transaktionen bietet für Anleger große Chancen,
aber - wie vor allem die jüngere Vergangenheit gezeigt hat -
auch nicht unerhebliche Risiken. Zins-, Aktien- und
Wechselkursschwankungen, aber auch Länder- und Kreditrisiken
mit ihrer Ausfall-Problematik bringen die Gefahr hoher Verluste mit
sich. Wer sich zum Beispiel als professioneller Anlageberater im
starken Wettbewerb behaupten will, muss die verfügbaren
Analysedaten aus verschiedenen Quellen intelligent miteinander
verknüpfen und schnell und präzise auswerten". Wenn
Flexibilität in den Datenanbindungen und Datenstrukturen
genauso gewährleistet sei wie intuitive Benutzung, könne
ein zukunftssicheres Risiko-Management-System entstehen.
Der Institutsleiter und sein Stellvertreter,
Professor Thomas Engel (35), demonstrierten das an einer
Neuentwicklung, dem "Risik Management Tool". Prof. Meinel: "Bei dem
Auftrag einer großen deutschen Fondsgesellschaft, ein Risk
Management Tool zu schaffen, ging es darum, den Fondsmanagern
Möglichkeiten für die Steuerung von Wertpapierrisiken,
Überwachung von Kenngrößen, Berechnung und
Simulation von Risikogrößen sowie für die
Berücksichtigung von Wertpapierkategorien in die Hand zu
legen. Dies soll es erleichtern, Wertpapiere nach ihren
unterschiedlichen Wertsteigerungspotentialen und Risiken zu
klassifizieren". Das Projekt musste nach Meinels Worten mehreren
Rahmenbedingungen gerecht werden: Flexible Datenanbindung, flexible
Datenstrukturen sowie intuitive Benutzbarkeit sollten garantiert
sein.
Eine wichtige Anforderung an das Institut für
Telematik war es, eine flexible Datenanbindung zu schaffen, die es
auch in Zukunft erlaubt, mit jeder Art von neuer Middleware
zusammen zu arbeiten. Unter Middleware versteht man diejenigen
Software-Programme eines IT-Systems, die zwischen
Informationsanbietern (in der Regel Datenbanken) und
Informationskonsumenten vermittelnd tätig sind. Prof. Engel:
"Das Institut für Telematik löste diese Aufgabe mit der
Einführung einer Abstraktionsebene (Interface), für die
eine konkrete Datenanbindung in der Art von Treiber-Programmen
realisiert wurde. Nicht zuletzt dadurch besteht hoher
Investitionsschutz für die Risk Management
Tool-Anwendung".
Bei dem Projekt waren sehr unterschiedliche
Wertpapier-Gattungen zu berücksichtigen. "Deutlich wurde, dass
die Festlegung der Wertpapier-Gattungen mit ihren Dimensionen nicht
notwendigerweise festgeschrieben ist. Einer zunächst starren
Übernahme der gegenwärtigen Strukturen wird künftig
eine ständige Anpassung folgen. Dabei ist die Aufnahme neuer
Wertpapier-Gattungen ebenso wahrscheinlich wie die Anpassung
bestehender. Um diese Anforderungen zu erfüllen, entschied
sich das Institut für Telematik für die zur Zeit
flexibelste Dokumentenstruktur: das XML-Format. Es erleichtert die
Verarbeitung, die Analyse und den Austausch entsprechend
formatierter Daten", berichtete Prof. Meinel auf dem
LuxFinance-Workshop.
Die beiden Telematik-Spezialisten aus Trier betonten ferner,
dass Anwendungen nicht nur einen funktionalen Aspekt besitzen,
sondern auch unter dem Gesichtspunkt der intuitiven Benutzbarkeit
bewertet werden müssen. Bei der Entwicklung des Risk
Management Tools legte das Institut für Telematik deshalb viel
Wert darauf, Anwendungsabläufe ständig zu hinterfragen
und mit den Erkenntnissen aus den Beta-Tests zu vergleichen. "Den
Fondsmanagern konnten schließlich einfach zu bedienende
Anwendungsmöglichkeiten zur Verfügung gestellt werden.
Dazu gehören zum Beispiel eine persönliche
Fonds-Favoriten-Liste, eine erweiterte Suche von Produkten aller
Kategorien,
Informationen zu den Produkten, die Verwaltung von mehreren
Fonds-Profilen zu einem Fonds, eine Transaktions-Simulation, die
Erstellung von Order-Listen sowie die globale Auswahl der
verwendeten Sprache", berichtete Prof. Engel.
Präsentiert wurde auf der LuxFinance 2002 ferner
die patentierte Sicherheitslösung "Lock-Keeper" des Instituts
für Telematik. Das wie eine Schleuse funktionierende System
schützt firmeninterne Computer im Internet sicherer vor
unberechtigten externen Zugriffen als sogenannte "Firewalls".
Hackern wird mit dem Lock-Keeper dadurch wirksam das Handwerk
gelegt, dass niemals eine direkte physikalische Verbindung des
firmeneigenen Netzes mit dem Internet zugelassen wird. Für den
"Lock Keeper" hatte das Trierer Institut für Telematik im
Januar 2002 den Erfinderpreis des Bundeslandes Rheinland-Pfalz
bekommen. Institutsleiter Prof. Christoph Meinel (48) wies die
Workshop-Teilnehmer auf die Vorteile des Lock-Keepers
gegenüber dem bisherigen Standard hin: "Firewalls trennen das
interne Rechnernetz eines Unternehmens nicht von der
Außenwelt, sondern analysieren und filtern lediglich die
übermittelten Datenpakete". Nach den Worten des Trierer
Telematik-Professors ist es deshalb nicht auszuschließen, dass
durch Softwarefehler, mangelnde Kenntnisse des Bedienungspersonals
oder fehlerhafte Konfiguration die Firewalls in ihrer
Schutzfunktion gefährdet oder sogar außer Kraft gesetzt
werden.
"Unternehmen mit enorm hohen
Sicherheitsbedürfnissen wie z.B. Banken, Versicherungen und
Fondsgesellschaften wollen mit diesem Restrisiko nicht leben. Unser
patentiertes Schleusen-System blockt deshalb alle Online-Attacken
auf ein internes Rechnernetz durch physikalische
Sicherheitsvorkehrungen hundertprozentig ab", erklärte Prof.
Meinel. Das in seinem Institut entwickelte neue Verfahren sorgt
dafür, dass die zwischen einem Firmen-Intranet und dem
Internet übermittelten Daten eine Schleuse passieren
müssen. Je nach Zustand der "Tore" findet der
Informationsaustausch nur jeweils mit einem der Rechner statt. Das
wird physikalisch sicher gestellt. Während des Aufenthalts in
der Schleuse können die Daten je nach den
Sicherheitserfordernissen der Firma überprüft werden. Das
braucht nicht lange zu dauern, sondern kann blitzschnell geschehen.
Prof. Meinel: "Die Lock-Keeper-Lösung ist preiswert und
einfach zu konfigurieren. Sie erlaubt es auch solchen Unternehmen,
die auf höchstmögliche Sicherheit bedacht sind, ihre
Rechner ins Internet zu integrieren. Der bisher übliche
aufwendige Datentransport per Speichermedien kann aufgegeben
werden".
Das Institut für Telematik - Wesentliches in
Kürze
Einen gehörigen Schub hat der Bekanntheitsgrad
des Trierer Instituts für Telematik in den vergangenen Monaten
sowohl durch die Erfindung des "Lock Keepers" bekommen - ein wie
eine Schleuse funktionierendes System, das firmeninterne Computer
im Internet sicherer vor unberechtigten externen Zugriffen
schützt als die Standard-Lösung Firewall - als auch durch
den Patentschutz für eine Entwicklung, welche die sogenannte
"Telemedizin" noch schneller und einfacher macht. Das neue
"Dicomzip"-Verfahren stellt eine bisher unerreichte und praktisch
verlustfreie Verdichtung der digitalen Daten von Patienten-Bildern
sicher. Dadurch benötigt die Übermittlung von Arzt zu
Arzt übers Internet nicht mehr Stunden, sondern nur wenige
Sekunden - wichtig vor allem in der Notfall-Medizin.
Zwei Patente, vier Promotionen und gut 80
Fachbeiträge zu internationalen Konferenzen - die
wissenschaftliche Bilanz von Deutschlands Spitzenforschungszentrum
fürs Internet kann sich nach gut vierjähriger
Tätigkeit bereits sehen lassen. Die 50-köpfige Mannschaft
rund um Professor Christoph Meinel(48) hat sich seit Gründung
des gemeinnützigen, mit der Fraunhofer-Gesellschaft
verbundenen Instituts Anfang 1998 hohe Reputation erworben. In
Deutschlands ältester Stadt, unweit der Porta Nigra,
entwickelt Meinels junges Top-Team anwenderfreundliche und
praxistaugliche Hightech-Lösungen fürs Internet.
"Wir erforschen und entwickeln Möglichkeiten,
wie man an jedem Ort und zu jeder Zeit auf die in den weltweit
verbreiteten Computernetzwerken vorhandenen Informationen effizient
zugreifen, mit diesen sicher umgehen und sie intelligent nutzen
kann. Abläufe in Wirtschaft, Verwaltung, Verkehr und
Gesundheitswesen können durch die Ergebnisse unser
praxisorientierten Arbeit wesentlich rationeller gestaltet werden.
Dabei streben wir danach, die Anwendung so einfach und
nutzerfreundlich wie möglich zu machen", beschreibt
Institutsleiter Prof. Meinel das Credo seines Forschungs- und
Entwicklungszentrums, das mit der Fraunhofer-Gesellschaft verbunden
ist.
Meinel, der an der Universität der
Mosel-Metropole Lehrstuhlinhaber (C4) für Informatik ist,
steht einer als eingetragener Verein verfassten
außeruniversitären Forschungs- und
Entwicklungs-Institution vor, die in ihrer Ausrichtung in
Deutschland einmalig ist. 1998 gegründet, widmet sich das
junge Spitzenforschungs-Institut sowohl der anwendungsorientierten
Grundlagenforschung als auch der Entwicklung maßgeschneiderter
Problemlösungen für Industrie, Handel, Medizin und
Verwaltung.
"Wir sind Dank unserer Konstruktion sehr
unabhängig. Unser Leistungsanspruch ist hoch und die
Mitarbeiter sind top-qualifiziert. Zudem sind wir sehr flexibel und
können permanent neue Forschungsthemen aufgreifen", betont der
Trierer Telematik-Professor. Deshalb gelinge es dem Institut auch
immer wieder, in kurzer Zeit wissenschaftliche
Höchstleistungen zu erbringen. Nach einer Definition seines
Fachgebiets gefragt, sagt Prof. Meinel: "Telematik ist eine junge
und hochinnovative Wissenschaftsdisziplin. Sie befasst sich mit den
vielfältigen, neuen Möglichkeiten, die sich aus der
Verschmelzung von Telekommunikation und Informatik für die
Nutzung der weltweit verteilten und elektronisch verfügbaren
Daten ergeben. Ihr kommt deshalb bei der Weiterentwicklung von der
Informations- zur Wissensgesellschaft eine Schlüsselrolle
zu".
@security, @banking, @government, @knowledge,
@health, @learning, @publishing.- das sind die derzeitigen
Forschungs- und Entwicklungsfelder des international beachteten
Instituts für Telematik aus Trier. Es hat sich die
Erschließung und Weiterentwicklung neuester wissenschaftlicher
Ergebnisse für eine Anwendung in Wirtschaft und Gesellschaft
auf die Fahne geschrieben.Prof. Thomas Engel, der stellvertretende
Institutsleiter, drückt es so aus: "Wir agieren sozusagen auf
der Bugwelle neuester technologischer Entwicklungen und wollen
durch das 'Ausreizen' technischer Potentiale Pilotlösungen
für die tägliche Praxis schaffen".
Die Gemeinnützigkeit der Trierer Forschungs- und
Entwicklungs-Einrichtung sichert ihr die notwendige
Unabhängigkeit. Jeweils ein Drittel des Jahresetats stammt aus
ungebundenen Fördermitteln des Landes, von öffentlichen
Institutionen und aus eingeworbenen Projekten der Wirtschaft.
Auftraggeber sind sowohl weltbekannte Großunternehmen wie
Siemens oder die Dresdner Bank als auch kleine und
mittelständische Firmen, Krankenhäuser,
Finanzdienstleister und Verwaltungen in Rheinland-Pfalz, Hessen,
Baden-Württemberg und Luxemburg. Erklärtes Ziel der
Trierer "Kaderschmiede" für IT-Spezialisten ist es,
künftig noch mehr begabte, neugierige junge Leute dafür
zu begeistern, wissenschaftliche Höchstleistungen auf dem
Schlüsselgebiet der Telematik anzustreben.