04/Medica 2002 - In Deutschlands ältester Stadt wird für die Telemedizin der Zukunft geforscht
Trier. Deutschlands Spitzenforschungs- und
Entwicklungszentrum fürs Internet, das Institut für
Telematik e.V. (www.ti.fhg.de), macht immer wieder durch
praxisgerechte und anwenderfreundliche Hightech-Lösungen von
sich reden - nicht nur in der Gesundheits-Telematik. Jüngste
Beispiele sind die automatische Fahrtenbuchführung per
Handheld-Computer, ein digitaler Zeitstempelservice als
elektronischer Nachfolger des Posteingangsstempels sowie eine
Schleusen-Lösung, die Firmen- und Praxiscomputer
hundertprozentig gegen Online-Attacken von Hackern abschottet
- und damit sicherer ist als die klassischen "Firewalls".
Für vielreisende Nutzer eines Handhelds mit dem
Betriebssystem PalmOS haben die Trierer Telematik-Tüftler ein
elektronisch geführtes, vom Global Positioning-System GPS
unterstütztes Fahrtenbuch geschaffen. Es ermittelt die meisten
Daten einer Autofahrt automatisch. Lästige, umständliche
und zeitraubende manuelle Eingaben entfallen. Die Daten können
problemlos auf Computer überspielt und von dort zur Vorlage
beim Finanzamt ausgedruckt werden.
Für den klassischen Post-Eingangsstempel im Büro stellen
die Trierer Wissenschaftler einen elektronischen Nachfolger bereit,
den digitalen Zeitstempel. Er bestätigt beim
Dokumentenaustausch übers Internet verlässlich, dass zum
Beispiel ein Vertrag, eine Steuererklärung oder eine
Ausschreibungsunterlage zu einem bestimmten Zeitpunkt so und nicht
anders vorgelegen haben. Der digitale Zeitstempel sei auch für
die fristgerechte Online-Übermittlung von Dokumenten an
Gerichte oder Hochschulen wichtig, betont Professor Christoph
Meinel, Institutsdirektor der Trierer Spitzenforschungseinrichtung.
Sogar im privaten Bereich könne der digitale Zeitstempel
nützlich werden, schmunzelt Meinel: "Online-Lottospieler zum
Beispiel können damit im Nachhinein beweisen, dass sie ihren
elektronischen Tippschein rechtzeitig vor Einsendeschluss
abgeschickt haben".
Stolz sind die Trierer Wissenschaftler auch auf die
patentierte Sicherheitslösung "Lock-Keeper". Das wie eine
Schleuse funktionierende System schützt firmen- bzw.
praxisinterne Computer im Internet sicherer vor unberechtigten
externen Zugriffen als sogenannte "Firewalls". Hackern wird mit dem
Lock-Keeper dadurch wirksam das Handwerk gelegt, dass niemals eine
direkte physikalische Verbindung des firmeneigenen Netzes mit dem
Internet zugelassen wird. Für den "Lock Keeper" hatte das
Trierer Institut für Telematik im Januar 2002 den
Erfinderpreis des Bundeslandes Rheinland-Pfalz bekommen.
Revolutionäres für die Telemedizin
Auch ein für die Telemedizin revolutionäres
Bildkomprimierungsverfahren kommt aus dem Trierer Institut. Es
trägt die Bezeichnung "Dicom Zip". Die patentierte Methode
macht die Übermittlung medizinischer Bilder übers
Internet bis zu zehnmal schneller als bisher - wichtig für die
Behandlung von Patienten in der Unfallmedizin, aber auch für
den Bilddatenaustausch zwischen Radiologen, Chirurgen und
Orthopäden. Das in Trier entwickelte Verfahren sorgt in
Arztpraxen und Kliniken ferner dafür, dass die gewaltigen
Datenmengen für Röntgen-, Tomographie- und
Ultraschall-Bilder künftig zum Teil nur noch mit zehn Prozent
ihres Ursprungsumfangs archiviert zu werden brauchen.
Mit "Cura Call" haben die Trierer
Telematik-Tüftler ferner ein elektronisches Mittel entwickelt,
um gegen die Vorsorge- und Impfmüdigkeit in der
Bevölkerung anzugehen. Mit dem System erinnern Arztpraxen ihre
Patienten per SMS an deren Vorsorge- und Impftermine. Der
Handynutzer kann seinen Arzt unmittelbar zurückrufen und einen
Termin vereinbaren. Es entfällt der komplizierte und teure
Versand schriftlicher Mitteilungen, die nach Expertenaussagen zudem
noch relativ wenig Antwortbereitschaft beim Patienten erzeugen.
Einen gehörigen Schub hat der Bekanntheitsgrad
des Trierer Instituts für Telematik in den vergangenen Monaten
auch durch die neue Tele-Task-Technik für
Internet-Übertragungen bekommen - nach Expertenmeinung das
Beste, was an Qualität und Komfort im Moment möglich ist.
"Tele-Task steht für Teleteaching Anywhere Solution Kit",
definiert Prof. Meinel. Nicht nur ruckelfreie Bilder und sauberer
Ton vom Referenten - zum Beispiel einer Medizin-Vorlesung - werden
hiermit übertragen, sondern synchron dazu in Großformat
auch sein Laptop mit Anschauungsmaterial, Grafiken und
Computeranimationen als Video. "Anders als zum Beispiel bei der
Internet-Übertragung einer Hauptversammlung, wo die
Präsentationsbilder des Vorstandsvorsitzenden nur statisch
gezeigt werden, übertragen wir bei Online-Vorlesungen den
Bildschirminhalt dynamisch. Es sind also auch Markierungen,
Animationen und Programmabläufe zu sehen, die während der
Präsentation stattfinden", betont Prof. Meinel. Dazu kommt es
zum Beispiel, wenn der Vortragende auf einer "elektronischen
Tafel", auf die seine Präsentationsbilder projiziert werden,
mit einem elektronischen Stift handschriftliche Anmerkungen
hinzufügt. Ein weiterer Vorzug von Tele-Task ist die variable
Bandbreite. Die Palette an Übertragungsgeschwindigkeiten
reicht von 38 kBit/s über 300 kBit/s (Standard) bis hin zu 800
bis 900 kBit/s - einer Qualitätsstufe, wie sie für DVDs
nötig ist .
Das Institut für Telematik - Wesentliches in
Kürze
Zwei Patente (ein drittes ist bereits angemeldet),
vier Promotionen und gut 80 Fachbeiträge zu internationalen
Konferenzen - die wissenschaftliche Bilanz von Deutschlands
Spitzenforschungszentrum fürs Internet kann sich nach fast
fünfjähriger Tätigkeit bereits sehen lassen. Die
fast 50-köpfige Mannschaft rund um Professor Christoph Meinel
(48) hat sich seit Gründung des gemeinnützigen, mit der
Fraunhofer-Gesellschaft verbundenen Instituts Anfang 1998 hohe
Reputation erworben. In Deutschlands ältester Stadt, unweit
der Porta Nigra, entwickelt Meinels junges Top-Team
anwenderfreundliche und praxistaugliche Hightech-Lösungen
fürs Internet.
"Wir erforschen und entwickeln Möglichkeiten,
wie man an jedem Ort und zu jeder Zeit auf die in den weltweit
verbreiteten Computernetzwerken vorhandenen Informationen effizient
zugreifen, mit diesen sicher umgehen und sie intelligent nutzen
kann. Abläufe in Wirtschaft, Verwaltung, Verkehr und
Gesundheitswesen können durch die Ergebnisse unser
praxisorientierten Arbeit wesentlich rationeller gestaltet werden.
Dabei streben wir danach, die Anwendung so einfach und
nutzerfreundlich wie möglich zu machen", beschreibt
Institutsleiter Prof. Meinel das Credo seines Forschungs- und
Entwicklungszentrums, das mit der Fraunhofer-Gesellschaft verbunden
ist.
Meinel, der an der Universität der
Mosel-Metropole Lehrstuhlinhaber (C4) für Informatik ist,
steht einer als eingetragener Verein verfassten
außeruniversitären Forschungs- und
Entwicklungs-Institution vor, die in ihrer Ausrichtung in
Deutschland einmalig ist. 1998 gegründet, widmet sich das
junge Spitzenforschungs-Institut sowohl der anwendungsorientierten
Grundlagenforschung als auch der Entwicklung maßgeschneiderter
Problemlösungen für Industrie, Handel, Medizin und
Verwaltung.
"Wir sind Dank unserer Konstruktion sehr
unabhängig. Unser Leistungsanspruch ist hoch und die
Mitarbeiter sind top-qualifiziert. Zudem sind wir sehr flexibel und
können permanent neue Forschungsthemen aufgreifen", betont der
Trierer Telematik-Professor. Deshalb gelinge es dem Institut auch
immer wieder, in kurzer Zeit wissenschaftliche
Höchstleistungen zu erbringen. Nach einer Definition seines
Fachgebiets gefragt, sagt Prof. Meinel: "Telematik ist eine junge
und hochinnovative Wissenschaftsdisziplin. Sie befasst sich mit den
vielfältigen, neuen Möglichkeiten, die sich aus der
Verschmelzung von Telekommunikation und Informatik für die
Nutzung der weltweit verteilten und elektronisch verfügbaren
Daten ergeben. Ihr kommt deshalb bei der Weiterentwicklung von der
Informations- zur Wissensgesellschaft eine Schlüsselrolle
zu".
@health, @security, @banking, @government,
@knowledge, @learning und @publishing - das sind die derzeitigen
Forschungs- und Entwicklungsfelder des international beachteten
Instituts für Telematik aus Trier. Es hat sich die
Erschließung und Weiterentwicklung neuester wissenschaftlicher
Ergebnisse für eine Anwendung in Wirtschaft und Gesellschaft
auf die Fahne geschrieben. Prof. Thomas Engel, der stellvertretende
Institutsleiter, drückt es so aus: "Wir agieren sozusagen auf
der Bugwelle neuester technologischer Entwicklungen und wollen
durch das 'Ausreizen' technischer Potentiale Pilotlösungen
für die tägliche Praxis schaffen".
Die Gemeinnützigkeit der Trierer Forschungs- und
Entwicklungs-Einrichtung sichert ihr die notwendige
Unabhängigkeit. Jeweils ein Drittel des Jahresetats stammt aus
ungebundenen Fördermitteln des Landes, von öffentlichen
Institutionen und aus eingeworbenen Projekten der Wirtschaft.
Auftraggeber sind sowohl weltbekannte Großunternehmen wie
Siemens oder die Dresdner Bank als auch kleine und
mittelständische Firmen, Krankenhäuser,
Finanzdienstleister und Verwaltungen in Deutschland und Luxemburg.
Erklärtes Ziel der Trierer "Kaderschmiede" für
IT-Spezialisten ist es, künftig noch mehr begabte, neugierige
junge Leute dafür zu begeistern, wissenschaftliche
Höchstleistungen auf dem Schlüsselgebiet der Telematik
anzustreben.