04/03 - Chipkarten mit elektronischer Unterschrift sollen
Personalausweise ersetzen: Wissenschaftler gegen "Billig-Variante" der
digitalen Signatur
Trier. Vor Fehlentwicklungen bei der Einführung der
elektronischen Signatur in Deutschland hat der Informatik-Wissenschaftler
Professor Christoph Meinel gewarnt. In einer Presseerklärung
kritisierte er, dass Politik und Wirtschaft neuerdings im "Bündnis
für elektronische Signaturen" über die Einführung von zwei
Arten von digitalen Unterschriften unter elektronische Dokumente
diskutierten. Dabei werde an eine hochsichere, aufwändige und an eine
einfachere und preiswertere gedacht. Dies verunsichere die Nutzer und wecke
bei ihnen Zweifel an der Sicherheit digitaler Signaturen, sagte der Trierer
Informatik-Lehrstuhlinhaber.
Nach Meinels Vorstellungen soll der Staat zunächst einmal für
eine eigene, den Ansprüchen des Signaturgesetzes entsprechende
technisch-administrative Infrastruktur sorgen. Er verwies dabei auf die
Möglichkeit, neue Chipkarten-Personalausweise mit elektronischer
Signatur auszugeben. Auf diesem System könne dann die Wirtschaft mit
eigenen, kostengünstigen Lösungen aufbauen.
Meinel sagte in Trier: "Der Staat ist seit jeher für die eindeutige
und rechtsverbindliche Identifikation seiner Bürger zuständig. Im
digitalen Zeitalter muss er sich also für die elektronische
Identifikation durch die digitale Unterschrift einsetzen". Nach Meinels
Auffassung hat Deutschland seit Einführung eines anspruchsvollen
Regelwerks für digitale Signaturen vor sechs Jahren seinen Vorsprung in
der Gestaltung des elektronischen Rechts- und Geschäftsverkehrs
eingebüßt, weil der Staat die Entwicklung der elektronischen Signatur
weitgehend der Privatwirtschaft überlassen habe. Ferner hätten die
Behörden Pilotprojekte wie die elektronische Steuererklärung
ELSTER gefördert, die den selbst gesteckten Maßstäben nicht
gerecht wurden.
Erst kürzlich hatten sich die Gesellschaft für Informatik (GI)
und die Informationstechnische Gesellschaft (ITG) in einem Memorandum
ähnlich geäußert. GI-Präsident Prof. Heinrich C. Mayr sagte,
erst wenn es analog zur handschriftlichen Unterschrift ein einheitliches
Signaturverfahren für alle relevanten Geschäftsprozesse gebe,
könne sich die elektronische Signatur in der Bevölkerung
durchsetzen. Die Bundesregierung unterlaufe die Vereinheitlichung, da sie
selbst bisher unterschiedliche Signaturen für verschiedene
Geschäftsprozesse nutze. Stattdessen sollte Berlin als Vorbild wirken
und entsprechend dem Signaturgesetz eine einheitliche "qualifizierte
elektronische Signatur mit Anbieter-Akkreditierung" fördern.