08/03 - Mit 10 Jahren schon Web-Veteran:
Erstes elektronisches
Informatik-Journal liefert Wissen nach wie vor gratis
Trier. Trendsetter sind sie geworden, die Informatik-Wisenschaftler
der Universität Trier. Vor genau zehn Jahren begannen Sie, einen
Großteil der internationalen Fachliteratur selbst zu verbreiten und zu
archivieren - digital, statt auf Papier und kostenlos für den Nutzer.
Die wissenschaftlichen Fachverlage betrachteten es 1994 noch gelassen, als
Professor Christoph Meinel, Lehrstuhlinhaber (C4) für Informatik mit
einem Team das "Electronic Colloquium on Computer Complexity (ECCC)"
gründete, um über die neuesten Forschungsergebnisse auf dem Gebiet
der Komplexitätstheorie - ein Kerngebiet der theoretischen Informatik -
zu berichten. Heute wird die auf allen akademischen Feldern wachsende Zahl
solcher elektronischen Wissenschafts-Journale von den etablierten
Fachverlagen kritisch verfolgt, weil sie das Geschäft mit der
gedruckten Information beeinträchtigen.
Das erste internationale elektronische Forschungsarchiv für
Informatik ist auf dem Trierer Server mit der Internet-Adresse www.eccc.uni-trier.de/eccc
beheimatet. Seit 2000 wird das vorhandene Datenmaterial zusätzlich
jährlich in Form einer CD-ROM publiziert. Die Redaktion es renommierten
Internet-Verzeichnisses "Magellan" (Verweie auf mehr als 1,5 Millionen
Internetseiten, 40 000 Besprechungen) hat dem von Trier aus betreuten
ECCC-Fachmagazin vier Sterne verliehen, die höchst erreichbare
Auszeichnung für eine Website.
"Obwohl das Trierer Electronic Colloquium on Computational Complexity
erst seit zehn Jahren online ist, gehört es schon zu den "Veteranen"
der Wissenschaftszeitschriften im Internet", sagt sein Chefredakteur Prof.
Meinel. Noch älter ist das Projekt des Teilchenphysikers Paul Ginsparg.
Er startete schon 1991, ein Jahr nach der Geburtsstunde des World Wide Web,
einen Server, auf dem String-Theoretiker aus aller Welt über das
Internet ihre neuesten Forschungs-Resultate kostenlos ablegen und noch
unveröffentlichte Vorabdrucke ihrer Kollegen abrufen konnten. Im
Unterschied zu Ginspargs Dienst überprüft beim Trierer ECCC ein
Herausgebergremium die Beiträge auf Plausibilität und Relevanz,
bevor es sie spätestens zwei Monate nach Einreichung
veröffentlicht. Jährlich werden so etwa 100 Fachbeiträge auf
dem Gebiet der Komplexitätstheorie veröffentlicht. Auch
Bücher und Online-Vorlesungen werden elektronisch angeboten.
Mit zu diesem "Board" aus 42 Experten verschiedener Nationen gehört
zum Beispiel Madhu Sudan vom renommierten Massachusetts Institute of
Technology. Er wurde 2002 auf dem 24. Internationalen Mathematiker-Kongress
in Peking mit dem Nevanlinna-Preis ausgezeichnet - eine dem Nobelpreis
vergleichbare Würdigung herausragender Leistungen auf dem Gebiet der
theoretischen Informatik.
Auch mit anderen Pionierleistungen hat die Trierer Informatik in den
vergangenen zehn Jahren weltweit auf sich aufmerksam gemacht:
- Seit 1994 wird ein Bibliographie-Server für
Informatik-Fachinformationen dblp.uni-trier.de betrieben, der mittlerweile
mehr als 450.000 Artikel listet und umfangreiche Suchmöglichkeiten
anbietet. Sein Begründer, Michael Ley, erhielt 2003 den ACM SIGMOD
Contribution Award.
- 1997 wurde das "Zentrum für Wissenschaftliches Elektronisches
Publizieren (WEP)" aufgebaut. Es veranstaltet Gastvorträge und
Kolloquien und ist beratend an Fächer übergreifenden Projekten
beteiligt, etwa mit der Germanistik und mit der Politikwissenschaft.
- über ein Internet-Portal wurde 1998 eine Plattform geschaffen, auf
der seitdem Mikrochip-Spezialisten aus aller Welt zusammenarbeiten. Neben
Informationen aus der Forschung stellt www.bdd-portal.org den Entwicklern von
Software zum Entwurf und zur Analyse von Mikrochips auch Hilfsmittel bereit,
um "online" die Korrektheit von neuen Schaltkreis-Entwürfen zu
testen.
- 2002 wurde ein nicht nur für die Zukunft des wissenschaftlichen
Lernens bedeutsames Teleteaching-System mit dem Namen "Tele-TASK" www.tele-task.de vorgestellt. In den USA
erhielt die Technologie, mit der auch Laien problemlos Vorträge ins
Internet übertragen können, den "Einstein-Award".