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26.04.2022

Gamedesign für Dummies Junior

Im Interview mit Co-Autorin Lisa Ihde

HPI-Studentin Lisa Ihde mit ihrem dritten Buch "Gamedesign für Dummies Junior"
HPI-Studentin Lisa Ihde mit ihrem dritten Buch "Gamedesign für Dummies Junior" (Foto: Sebastian Schulz)

Herzlichen Glückwunsch zu Deinem neu erschienenen Buch „Gamedesign für Dummies Junior“. Wie kam Dir die Idee, dieses Thema für Dein nächstes Buch auszuwählen?

Vielen Dank, die Idee dazu kam mir tatsächlich schon vor drei Jahren als der Verlag nach Vorschlägen für das zweite Buch gefragt hatte. Damals standen wir dann vor der Wahl, ob wir Spieleentwicklung oder 3D-Modellierung wählen. Wir hatten uns dann für letzteres entschieden. Letztes Jahr allerdings hat mich dann Johanna, die auch als Mentorin Workshops für Kinder gibt, angeschrieben. Sie wollte ein Buch über Gamedesign für Kinder schreiben und suchte nach Unterstützung. Das passte dann perfekt! Zusammen mit Wilfried, der als Professor Lehrveranstaltungen zur Computerspielproduktion hält und sehr aktiv im deutschsprachigen Scratch-Wiki ist, haben wir sehr gerne das Buch geschrieben.

Warum eignet sich die Programmiersprache Scratch für den Einstieg in das Gamedesign für Kinder und Jugendliche besonders gut?

Eigene Spiele zu programmieren ist heutzutage leichter als gedacht. Scratch bietet alles, was zum Entwickeln eigener Computerspiele benötigt wird. Gleichzeitig wird das kompliziert wirkende Thema Programmieren stark vereinfacht, da man nicht die Programmierbefehle kennen muss und anstelle von Codezeilen einfach visuell farbige Blöcke in einer freien Fläche puzzleartig ineinanderschiebt. Durch die Nutzung dieser fertigen Blöcke ist das programmierte Ergebnis weniger fehleranfällig, da durch Formen und Farben der Blöcke sichtbar ist, was zusammengehört. Gleichzeitig lassen sich auch sehr schnell Grafiken nutzen, da schon viele Vorlagen existieren sowie eine kindgerechte Maloberfläche, um eigene Figuren zu zeichnen. Auch Töne und Melodien lassen sich sehr einfach erstellen und sind somit leicht zugänglich.

Scratch wurde für Kinder ab 8 Jahren entworfen, aber wird von Menschen jeden Alters genutzt. Wer sich also allgemein mit den grundlegenden Konzepten der Informatik wie Schleifen, Bedingungen und Variablen vertraut machen möchte, kann ich Scratch als Einstieg sehr empfehlen.

Um die Diversität in der Spielebranche zu stärken, hast Du mit Frauen aus verschiedenen Ländern digitale Spiele entwickelt. Warum ist es Deiner Meinung nach wichtig, dass besonders diese Branche diverser wird?

Die Spielebranche ist - wie die allgemeine IT-Branche - stark männerdominiert, was sich unter anderem auf das Arbeitsklima und auf die Darstellung von Frauen in den Spielen auswirkt. 2018 hatte ich die Chance durch das Goethe-Institut gefördert an dem Projekt „Girl Games“ teilzunehmen. Dabei wurden 13 Frauen aus Argentinien, Bolivien, Brasilien, Deutschland, Kolumbien und Peru in São Paulo zusammengebracht, um innerhalb von zwei Wochen eigene Spiele zu entwickeln. Als Highlight programmierten wir die Spiele extra für das FIESP Gebäude in São Paulo, welches an der Fassade mit LEDs ausgestattet ist und wir somit ein gigantisches und leicht pyramidenartiges Display hatten, welches abends in bunten Farben erstrahlte.

Die erlebten Erfahrungen der anderen Frauen aus dem Bereich Game Design, Game Artist und Softwareentwicklung hatten mich sehr überrascht, denn obwohl wir ähnliche Erlebnisse durchstehen mussten, ist mir der Unterschied zu anderen Ländern nochmal stärker bewusst geworden. Gewalt und Sexismus gegenüber Frauen ist in Brasilien allgemein präsenter als in Deutschland. Der Sexismus sowohl am Arbeitsplatz, den sogenannten Gamestudios, sowie in Spielen aber auch das ausgrenzende Verhalten beim Online-Spielen gegenüber Frauen ist leider immer noch alltäglich. Mehr Diversität sowohl in den Charakteren als auch in den Themen digitaler Spiele erreichen wir nur durch eine Veränderung der jetzigen Situation.

Women in Tech Konferenz

Als Gleichstellungsbeauftragte der Digital Engineering Fakultät ist Lisa Ihde Mitorganisatorin unserer ersten Women in Tech Konferenz am 12. und 13. Mai in Potsdam. Unter dem Stichwort "Future Work" diskutieren wir gemeinsam mit der Initiative #SheTransformsIT die Arbeitskultur in der IT-Branche.

Deine Co-Autorin Johanna ist selbst Gamedesignerin: Wie wichtig sind bei der Wissensvermittlung von IT-Kenntnissen Rollenvorbilder?

Johanna ist als Gründerin und Leiterin eines eigenen Gamestudios leider eine der wenigen Frauen, die in der Branche eine Führungsposition bekleiden. Dieses Problem ist auch als „Leaking Pipeline“ bekannt – je höher die Karrierestufen desto geringer der Frauenanteil. Wir hatten daher im Rahmen der „Women in Tech“-Reihe Johanna auch als Vorbild ans Hasso-Plattner-Institut (HPI) eingeladen, da am HPI vom GameDev Klub regelmäßig Game Jams veranstaltet werden und wir Frauen aus der Spielebranche sichtbar machen wollten.

In unserer Branche fehlt es oft an Vorbildern. Wenn wir sehen, dass jemand als beispielsweise Gamedesignerin erfolgreich ist, dann können wir uns das besser vorstellen. Wichtig dabei ist, dass sich die Person einem ähnelt und neben Alter, Ausbildung oder Interessen ist das Geschlecht wichtig, um uns damit auch identifizieren zu können. Wenn wir uns etwas nicht vorstellen können, wirkt es auf uns nicht erreichbar und beeinflusst unsere Karriere-Entscheidungen. Dieses Phänomen ist Teil der sogenannten Verfügbarkeitsheuristik (engl. Availability Bias) und damit ein Denkfehler, dem alle Menschen natürlicherweise unterliegen. Dennoch kann man dafür sensibilisiert sein und so dafür sorgen, dass sich mehr Frauen in die männerdominierten Berufe wagen. Spieleentwicklung hat sehr viel mit Kreativität und vor allem Spaß zu tun, den niemand sich entgehen lassen sollte!

Warum ist die spielerische Vermittlung von ersten IT-Kenntnissen für Kinder und Jugendliche so wichtig?

Um ein Verständnis für Technologien zu entwickeln, können IT-Kenntnisse, wie das Programmieren, helfen. Gleichzeitig spielen IT-Kenntnisse mit der zunehmenden Digitalisierung eine immer größere Rolle im Alltag. Das Programmieren frühzeitig zu vermitteln, hilft einerseits im Alltag aber andererseits auch bei der Berufswahl. Jedes Kind sollte einmal programmiert haben, bevor es sich für einen Beruf entscheidet.

Programmieren macht Spaß und ist gleichzeitig ein Werkzeug, um eigene Probleme zu lösen. Die spielerische Vermittlung bietet einen einfachen Einstieg in ein kompliziert wirkendes Feld. Spiele mag jedes Kind und wenn man dabei auch was lernt, ist das umso besser. Zudem: Eigene Spiele zu entwickeln, bietet noch mehr Freiheiten als sie nur zu spielen!

Welche Fähigkeiten besitzen die Lesenden und Lernenden, nachdem sie sich durch das Buch gearbeitet haben?

Die Leserschaft wird durch das Buch den Umgang mit Scratch lernen, um eigene Spiele zu entwickeln. Dafür lernt man das Programmieren zur Steuerung von Spielfiguren, aber auch das Erstellen von Grafiken, Musikstücken und Sounds. Des Weiteren werden Fachbegriffe wie dem Balancing aus dem Bereich des Gamedesigns vermittelt. Und wir haben an unterschiedliche Spielearten (Genres) in den verschiedenen Kapiteln gedacht, sodass man einen Haustier-Simulator, ein Jump’n’Run-Spiel oder auch den Einsatz von 3D und Zauberei erlernt. Insgesamt können sechs Spiele nachprogrammiert werden, wobei jedes Kapitel mögliche Erweiterungen vorstellt, sodass man seiner Kreativität freien Lauf lassen kann. Auch gehen wir darauf ein, wie man sein Spiel für möglichst viele Menschen spaßig und unterhaltsam gestaltet, denn jede Person hat andere Vorlieben und Bedürfnisse. Ein Blick ins Buch lohnt sich in jedem Fall!

Vielen Dank für das spannende Interview mit Dir!